Rheuma und Ernährung

Die Ernährung spielt neben der medikamentösen Behandlung und der Physiotherapie eine

wichtige Rolle bei rheumatoider Arthritis.

Ernährung bei rheumatoider Arthritis

Eine rheumagerechte Ernährung kann die medikamentösen und physiotherapeutischen Maßnahmen nicht ersetzen, sie aber unterstützen, indem sie die Entzündungsaktivität verringert, Schmerzen lindert, Schwellungen reduziert und einer Osteoporose sowie Herz-Kreislauf-Erkrankungen vorbeugt. Die richtige Ernährung ist keine extreme Diät. Sie bedeutet keinen Verzicht und sie soll weder die Freude bei der der Zubereitung, noch den Genuss beim Essen einschränken. Im Gegenteil, sie soll genussorientiert und bewusst sein. Für den größtmöglichen Effekt auf die Krankheit ist es wichtig, die Ernährung möglichst direkt nach Diagnosestellung und medikamentöser Einstellung anzupassen. Die Umstellung der Ernährung sollte auf jeden Fall mit dem behandelnden Arzt besprochen werden.

Eine Ernährungsberatung kann vor allem am Anfang sehr hilfreich sein. Auch die Deutsche Gesellschaft für Ernährung und die Deutsche Rheuma-Liga bieten eine Reihe unterstützender Informationen.


Gesunde Ernährung kann die Behandlung der rheumatoiden Arthritis unterstützen und Begleiterkrankungen vorbeugen.

Ernährung kann die Entzündung bei Rheuma beeinflussen

Die rheumatoide Arthritis ist eine chronisch-entzündliche Autoimmunerkrankung vor allem der Gelenke. Die dauerhafte Entzündung führt zur Schädigung und Zerstörung der Gelenkinnenhaut und der umliegenden Strukturen wie Knorpel, Knochen und Weichteilgewebe. Entzündungsfördernde (= pro-entzündliche) Botenstoffe halten den Entzündungsprozess in Gang. Die Ausgangsstoffe wichtiger entzündungsfördernder Botenstoffe werden mit der Nahrung aufgenommen.

    Die Arachidonsäure (AA) spielt eine zentrale, negative Rolle. Arachidonsäure ist eine mehrfach ungesättigte Fettsäure, die hauptsächlich mit der Nahrung aufgenommen wird. Sie ist in tierischen Fetten enthalten, aber nicht in pflanzlichen Lebensmitteln. Je mehr Arachidonsäure-haltige Lebensmittel Sie zu sich nehmen, desto mehr pro-entzündliche Botenstoffe können in Ihrem Körper gebildet werden.

    Der Mensch benötigt nur ca. 50 mg Arachidonsäure pro Tag, im Durchschnitt nehmen die meisten Menschen aber die 6- bis 7-fache Menge zu sich. Dieses Überangebot kann bei Menschen mit rheumatoider Arthritis eine dauerhafte Bildung von entzündungsfördernden Botenstoffen fördern. Umgekehrt heißt das, je weniger Arachidonsäure Sie zu sich nehmen, desto weniger dieser Botenstoffe können vom Körper gebildet werden.

    Die Arachidonsäure hat auch Gegenspieler: die Omega-3-Fettsäuren Eicosapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure (DHA). EPA und DHA unterstützen die Gesundheit, indem z. B. DHA die Struktur der Zellmembran verbessert und so zu einem normalen Wachstum und einer gesunden Entwicklung beiträgt. EPA spielt unter anderem eine Rolle bei der Regulation von Entzündungsprozessen. Sie verhindern, dass Arachidonsäure entzündungsfördernde Botenstoffe bildet und sind vor allem in Fisch und Meeresfrüchten enthalten.

    Auch bestimmte Öle können einen entzündungshemmenden Effekt haben. Dazu gehören Leinöl, Hanföl, Rapsöl, Walnussöl und Kürbiskernöl. Pflanzliche Öle enthalten alpha-Linolensäure, die im menschlichen Körper zur Omega-3-Fettsäure EPA (Eicosapentaensäure) umgewandelt wird.

Darauf sollten Sie bei der Ernährung achten

Eine ausgewogene Ernährung mit wenig Fleisch unterstützt die medikamentöse Therapie am effektivsten. Patienten mit rheumatoider Arthritis wird daher empfohlen, wenig Fleisch zu essen.

In Studien wurde gezeigt, dass eine fleischlose Ernährung zu einer Besserung der typischen Symptome der rheumatoiden Arthritis führt. Die Wirkung tritt nach ca. 3 Monaten ein und kann sich im weiteren Verlauf innerhalb eines Jahres noch weiter verbessern.


Eine Ernährung mit wenig Fleisch kann die Symptome der rheumatoiden Arthritis bessern.

    Arachidonsäure ist Ausgangsubstanz für die Bildung entzündungsfördernder Fettsäuren und ist hauptsächlich in tierischen Fetten enthalten, aber nicht in pflanzlichen Lebensmitteln.

    Menschen mit rheumatoider Arthritis wird deshalb empfohlen, nur 2-mal pro Woche kleine Portionen Fleisch bzw. Wurst zu essen. Weißes Fleisch wie Kalb und Geflügel enthält weniger tierisches Fett und damit weniger Arachidonsäure. Eier sollten möglichst nur ganz selten auf den Tisch kommen, da sie viel Arachidonsäure enthalten. Milch, Käse und Sahne sind zwar auch tierische Produkte, aber hier gibt es fettarme Alternativen, die zudem noch reich an Kalzium sind und einer Osteoporose vorbeugen.

    Frei von Arachidonsäure sind Margarine, Weizenkeimöl, Gemüse, Obst und Nüsse.

    Omega-3-Fettsäuren wie EPA und DHA sind vermehrt in Fisch enthalten. Besonders reich an Omega-3-Fettsäuren sind Fischöle in fetten Seefischen wie Hering, Makrele, Lachs, Sardine und Heilbutt.

    Patienten mit rheumatoider Arthritis sollten deshalb mindestens zwei Fischmahlzeiten pro Woche zu sich nehmen, eine davon sollte fetten Fisch enthalten. Wer keinen Fisch mag und deshalb die empfohlene Menge von täglich 1 g EPA durch die Ernährung nicht erreichen kann, kann nach Rücksprache mit dem behandelnden Arzt Nahrungsergänzungsmittel in Form von Fischölkapseln einnehmen. Studien haben gezeigt, dass eine fischreiche Ernährung und/oder die Einnahme von Fischölkapseln die entzündlichen Gelenkbeschwerden verbessern kann. Schmerzen können gelindert, die Dauer der Morgensteifheit und die Anzahl der schmerzenden Gelenke kann verringert und/oder die Anzahl der beweglichen Gelenke erhöht werden. Die Wirkung setzt ca. drei Monate nach Ernährungsumstellung ein.

    Auch alpha-Linolensäure hat einen entzündungshemmenden Effekt, weil sie im menschlichen Organismus zu EPA umgewandelt wird. Vor allem pflanzliche Öle wie Raps-, Lein-, Soja- und Walnussöl sind gute Lieferanten von alpha-Linolensäure und sollten deshalb bei rheumatoider Arthritis zum Kochen und Braten verwendet werden.

    Raps- oder Olivenöl können sehr gut zum Kochen und Braten verwendet werden. Sie vertragen höhere Temperaturen, da sie überwiegend aus einfach ungesättigten Fettsäuren bestehen. Walnuss- und Leinöl werden dagegen eher für kalte Gerichte wie Salate oder Quarkdips verwendet, da sie aufgrund ihrer mehrfach ungesättigten Fettsäuren nicht erhitzt werden dürfen. Aufgrund ihres hohen Anteils an Omega-3-Fettsäuren sind sie jedoch sehr gut für Rheumapatienten geeignet.

    Antioxidativ wirkende Vitamine und Spurenelemente sowie Mineralstoffe sind sogenannte Radikalfänger, die den Körper vor oxidativem Stress schützen.

    Oxidativer Stress beeinträchtigt die Reparatur- und Entgiftungsfähigkeit der Zellen und kann u. a. zu Entzündungen beitragen. Zur Bekämpfung dieser Prozesse sind verstärkt Antioxidantien wie Vitamin E, Vitamin C, beta-Carotin, Zink und Selen erforderlich. Sie können die Bildung entzündungsfördernder Botenstoffe hemmen.

    Menschen mit rheumatoider Arthritis benötigen mehr Antioxidantien als gesunde Menschen, nehmen in der Regel aber keine ausreichenden Mengen zu sich. Deshalb sollten Rheumatiker verstärkt, am besten 5-mal pro Tag, eine Portion Obst und Gemüse essen, um den Mangel an Antioxidantien auszugleichen. Pflanzliche Öle sind übrigens nicht nur reich an alpha-Linolensäure, sondern auch an antioxidativ wirkendem Vitamin E.

    Für die Wirkung von Nahrungsergänzungsmitteln bei Rheuma gibt es keine Belege.

Bewegung ergänzt rheumagerechte Ernährung

Ergänzend zu einer entzündungshemmenden Ernährung tut Rheumatikern regelmäßige Bewegung gut. Das hilft nicht nur, Übergewicht abzubauen bzw. das Normalgewicht zu halten, sondern verbessert auch die Beweglichkeit der Gelenke und kräftigt die Muskulatur. Am besten geeignet sind gelenkschonende Sportarten wie Radfahren und Schwimmen.

Weitere Informationen zu Sport bei rheumatoider Arthritis

Kurzzeitiges Fasten kann sinnvoll sein

Übergewicht ist schädlich für die Gelenke. Deshalb sollten Patienten mit rheumatoider Arthritis möglichst normalgewichtig sein bzw. bei Übergewicht abnehmen.

Kurzzeitiges Fasten kann in vielen Fällen nicht nur dabei helfen, das Körpergewicht zu reduzieren, sondern es kann auch zu einer Besserung der Symptome führen. Während des Fastens werden keine Arachidonsäure-haltigen Lebensmittel verzehrt, dadurch sinkt die Produktion entzündungsfördernder Botenstoffe. Außerdem stellt der Körper vermehrt Cortisol zur Verfügung und entzündungsfördernde Botenstoffe werden verstärkt abgebaut. Ein solches Fasten sollte immer nur kurzzeitig und unter Aufsicht eines Arztes durchgeführt werden. Außerdem ist es besonders wichtig, während des Fastens ausreichend, d. h. zwei bis drei Liter Flüssigkeit pro Tag zu trinken, z. B. Mineralwasser, Gemüsesäfte und Molke.

Der Effekt des Fastens auf die Symptome der rheumatoiden Arthritis zeigt sich bereits nach zwei Tagen und hält weiter an, wenn der Patient sich anschließend vegetarisch ernährt. Wird wieder verstärkt fleischhaltige Nahrung gegessen, kehren die Symptome zurück. Fasten birgt jedoch das Risiko einer Mangel- oder Fehlernährung, was ohnehin bei 40 % der Rheumakranken festgestellt wird. Häufiges Fasten ist zudem nicht ratsam, da es bekanntermaßen den sogenannten Jojoeffekt mit sich bringt, der langfristig zu einer Gewichtszunahme führt.

Fettarme Milch und Milchprodukte, Fisch und Bewegung im Freien beugen Osteoporose vor

Zu den möglichen Folgen der rheumatoiden Arthritis zählt Osteoporose, also Knochenschwund. 1 g Kalzium pro Tag kann dem Verlust an Knochensubstanz vorbeugen.

Dafür ist ein halber Liter fettarme Milch täglich oder eine entsprechende Menge fettarmer Milchprodukte ausreichend. Gleichzeitig sollte man auf eine phosphatarme Ernährung achten, da Phosphat Kalzium aus der Nahrung bindet, das dann für die Versorgung des Körpers nicht mehr zur Verfügung steht. Phosphat ist vor allem in tierischen Produkten enthalten. Auch Vitamin D ist zur Osteoporose-Vorbeugung wichtig. Quellen für Vitamin D sind Fisch, fettreduzierte Milch und Milchprodukte sowie Fischöl. Außerdem sorgt Bewegung im Freien für ausreichende Vitamin D-Produktion über die Haut.

Entzündungshemmende Ernährung beugt auch begleitenden Erkrankungen vor

Menschen mit rheumatoider Arthritis haben ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Atherosklerose, bei der es zur Einlagerung von Blutfettbestandteilen in die Blutgefäße und zu Entzündungen der Blutgefäßwand kommt.

Bei rheumatoider Arthritis ist das Risiko an einer dieser beiden Krankheiten zu erkranken doppelt so hoch wie in der Durchschnittsbevölkerung. Eine entzündungshemmende Ernährungsweise vermindert auch das Risiko für Herz-Kreislauf- und Gefäßerkrankungen.

Wichtige Tipps für eine gesunde Ernährung bei Rheuma

Das Essen soll schmecken und dem individuellen Lebensstil angepasst sein.

  • Genießen Sie Ihr Essen!
  • Die Mahlzeiten sollten alle wichtigen Nährstoffe enthalten, die der Körper braucht.
  • Verzichten Sie auf Nahrungsmittel, die Sie nicht vertragen.
  • Einseitige Ernährungstrends und ausgefallene Kostformen sind nicht empfehlenswert.

Wenig tierisches Fett, geringer Arachidonsäure-Gehalt, gute Pflanzenöle

  • Essen Sie möglichst wenig fett- und Arachidonsäure-haltige tierische Lebensmittel wie Schweineschmalz, Schweineleber, Eigelb oder fettreiche Fleisch- und Wurstsorten; nicht mehr als 2 Portionen Fleisch oder Wurst und 4 Eier pro Woche.
  • Essen Sie möglichst zweimal pro Woche Omega-3-Fettsäure-reichen Fisch wie z.  B. Hering, Makrele und Lachs.
  • Verwenden Sie Raps-, Soja, Walnuss- und Leinöl. Diese Öle enthalten ebenfalls viele Omega-3-Fettsäuren. Raps- und Sojaöl sind zudem gute Lieferanten für Vitamin E.
  • Möglichst fettarme Milch und Milchprodukte.

Obst und Gemüse sind besonders gesund

  • Möglichst 5 Portionen Obst und Gemüse pro Tag. Obst und Gemüse enthalten antioxidative Substanzen wie Vitamin C, beta-Carotin und weitere Vitamine, Mineralstoffe und sekundäre Pflanzenstoffe, die verschiedene gesundheitsfördernde Wirkungen haben.
  • Zurückhaltung bei alkoholischen Getränken.

Weitere Empfehlungen

  • Nehmen Sie Fischölkapseln nur nach ärztlicher Verordnung ein.
  • Versuchen Sie möglichst, Übergewicht zu reduzieren.
  • Verwenden Sie Salz und Zucker sparsam.
  • Trinken Sie ausreichend: mindestens 1,5 l pro Tag. Verzichten Sie dabei auf zuckerhaltige Getränke und trinken Sie möglichst wenig Alkohol.
  • Bewegen Sie sich regelmäßig. Besonders günstig sind gelenkschonende Sportarten wie Radfahren oder Schwimmen. Bewegung an der frischen Luft ist wichtig (Vitamin D).
  • Unbedingt das Rauchen einstellen. Rauchen fördert die Entzündung.
Weitere Informationen zur Ernährung bei Rheuma

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung und die Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie geben wichtige Hinweise zur Ernährung bei rheumatoider Arthritis.

Mehr zur gesunden Ernährung bei Rheuma und speziell auf die Bedürfnisse von Rheumatikern zugeschnittene Kochrezepte finden Sie auch in der Broschüre „Bewusste Ernährung mit rheumatoider Arthritis“, die Sie hier herunterladen können.

Literatur:

  1. Entzündlich rheumatische Erkrankungen: Leinöl, Fisch & Co.: Bei Rheuma an Omega-3 denken, Heilberufe/Das Pflegemagazin 2015;67(10):16-18.
  2. Ernährung bei Rheuma, Merkblatt Rheuma 5.2, Deutsche Rheuma-Liga Bundesverband e.V., Bonn, www.rheuma-liga.de, abgerufen am 02.06.2020.
  3. Ernährung bei rheumatischen Erkrankungen. Ernährungsumschau 2008;55:734-740.
  4. Rheumadiät, Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V., www.dge.de, abgerufen am 02.06.2020.
  5. Rheuma-Ernährung, Deutsches Ernährungsberatungs- & -informationsnetz, DEBInet, www.ernaehrung.de, abgerufen am 02.05.2020.
  6. Rheumatoide Arthritis: Durch Ernährung Medikamente sparen, Pharmazeutische Zeitung online, www.pharmazeutische-zeitung.de, abgerufen am 02.06.2020.

MAT-DE-2000768 - 3.0 - 05/2023